Berlin Alexanderplatz (2020): Film-Kritik & Zusammenfassung

Berlin Alexanderplatz (2020): Film-Kritik & Zusammenfassung

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Ein Film, der Masken und Vorurteile abbaut. Fluoreszierende Neonatmosphäre und gedämpfte Clubs.

"Berlin Alexanderplatz" ist ein Film des in Afghanistan geborenen deutschen Regisseurs Burhan Qurbani, der am 5. August 2020 in die Kinos kam. Es handelt sich um eine zeitgenössische Adaption und Interpretation im heutigen Berlin des von Alfred Döblins berühmtem Romans mit dem gleichnamigen Titel, der 1929 veröffentlicht wurde.

Es ist die Geschichte, oder besser gesagt, das Schicksal des 30-jährigen Flüchtlings Franziskus. Er kommt aus Guinea-Bissau, überquerte das Mittelmeer auf einem Boot, verlor seine Frau auf See und landete in der deutschen Hauptstadt. Er wäre gerne ein guter Mensch, das sagt er immer wieder, aber wenn man schwarz, ein Flüchtling und ohne Papiere ist, hat das Leben ein ganz anderes Schicksal für einen bereit. Bald kommt er zu der traurigen Schlussfolgerung, dass seine geheime Existenz es ihm nicht erlaubt, ein ehrliches Leben zu führen, und es ist die Spirale der Kriminalität, die ihn in sich hineinzieht. Ein schwindelerregender Abstieg in die Hölle, der von seinem beunruhigenden Handlanger Reinhold, einem dunklen Drogendealer mit beunruhigendem Charakter, nach unten gezogen wird. Er versucht so gut es geht auf dem richtigen Weg zu bleiben und klammert sich wie ein Seiltänzer an sein Schicksal, doch das Seil reißt und er wird in die Unterwelt Berlins katapultiert. Zwischen auffälligem Neon und dumpfen Clubs, begleitet von einer Ode der Verheißung, die von einem Voice-Over erzählt wird, präsentiert diese Odyssee das Schicksal eines Mannes mit einem gewundenen und unebenen Weg, das Schicksal so vieler anderer, die vergessen und ignoriert wurden. Dieser Film am Rande des Kunstfilms gibt diesen Unsichtbaren, die von Stigma und Vorurteilen geprägt sind, eine Stimme und ein Gesicht.

Es ist ein atemberaubend grandioser Film, der das Herz berührt. Berührende Figuren, die im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und der erzählerischen Schwere des Films stehen: Die Kamera schwebt um sie herum und reißt den Zuschauer in einem tödlichen Wirbelwind mit. Ein echtes Eintauchen in den faszinierenden und manchmal beunruhigenden Berliner Untergrund, zwischen Clubs, Menschenhändlern, Transgender und Prostituierten. Fast drei Stunden des dramatischen, zeitlosen Schicksals eines Flüchtlings, eine Allegorie all der anderen, deren Namen nicht genannt werden. Der einzige Haken ist ein sehr präsenter männlicher Blick, der noch zu fest im Kino verankert ist und Frauen zu passiven Charakteren, zerbrechlichen Kleinigkeiten, einfachen Objekten des Blicks und sexualisierten Klischees macht, die oft halbnackt (oder sogar völlig nackt) sind. Dies ist der Fall von Jella Hasse in der Rolle der Mieze, einer unbekümmerten Blondine, die unter dem Einfluss der Liebe etwas leichtsinnig ist, was sie - sagen wir es mal so - ein bisschen albern macht.

Trotzdem bleibt dieser Film bewundernswert, ohne dabei seinen kritischen Sinn zu verlieren. Franziskus, die Personifizierung all derer, die im Schatten bleiben müssen: Dieser Charakter bringt zum Vorschein, was wir nicht sehen wollen, in einer Zeit, in der unsere Politik zunehmend umstritten ist und in der es noch nie so viele Flüchtlingslager gab. Ein Film, der sich einer aktuellen Wahrheit stellt und sagt, was sich niemand zu sagen wagt.

Fantastisch! Applaus!

Weitere Informationen zum Film: Regie, Besetzung und Auszeichnungen

Regisseur
Burhan Qurbani

Schauspieler
- Welket Bungué als Franz/Franz
- Jella Hasse als Mieze
- Albrecht Schuch als Reinhold
- Marin Wuttke als Pums
- Annabelle Mandeng in der Rolle der Eva
- Nils Verkooijen als Berta
- Lukhanyo Bele als Ayub
- Thomas Lawinky als Karl

Preise und Auszeichnungen
5 Auszeichnungen beim Deutschen Filmpreis 2020:
- Bester Spielfilm – Filmpreis in Silber
- Beste Kamera / Bildgestaltung (Yoshi Heimrath)
- Beste männliche Nebenrolle (Albrecht Schuch)
- Bestes Szenenbild (Silke Buhr)
- Beste Filmmusik (Dascha Dauenhauer)

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Céleste Roux

Céleste Roux

Autorin

Als Philosophiestudentin, Kunst- und Literaturliebhaberin, habe ich mich in die Stadt Berlin verliebt, die meine Heimat und tägliche Inspiration geworden ist. Ich lasse mich gerne von dem, was diese sich ständig verändernde Stadt zu bieten hat, überraschen, und bin immer auf der Suche nach neuen Orten.