Victoria, der in Berlin gedrehte Film: Kritik & Zusammenfassung

Victoria, der in Berlin gedrehte Film: Kritik & Zusammenfassung

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Victoria. Sie ist der Ausgangspunkt und der Höhepunkt. Der Charakter, mit dem alles beginnt und endet. Wie Dr. Jekyll lässt sich Victoria von Mr. Hyde überfallen. Außer diesmal wissen wir nicht, wer überlebt. (Ihr könnt mit einer 30-tägigen kostenlosen Probezeit auf Amazon Prime Video den Film kostenlos anschauen)

Sie ist eine junge Madriderin, die seit drei Monaten in Berlin lebt. Als sie eines Abends einen Club verläßt, lernt sie Boxer, Fuss, Blinker und Sonne, vier Berliner, kennen. Sie, mit einem unschuldigen Lächeln und kindlicher Trunkenheit, sie spät in der Nacht Schurken. Eine Sirene, die in den Netzen von vier Piraten gefangen ist. Die Feier geht am späten Abend oder früh am Morgen in den Straßen Berlins weiter. Während die meisten schlafen, wandert der Club der fünf umher. Sie beenden eine Party und beginnen eine andere. Man wird in einen Supermarkt geworfen, wo man Bier stiehlt, auf einem Dach, das man heimlich erreicht, dann in ein Café, in dem Victoria arbeitet. Und das alles mit nur einer Kamera in der Hand. Nur eine Aufnahme. Keine Schnitte. Denn wenn der Film in drei Tagen gedreht wurde, ist es die gleiche Reise, die der Regisseur dreimal wiederholt und schließlich nur die letzte behalten hat. Also nur in einem Tag wurde der Film gedreht.

Dennoch gewann Victoria beim 65. Deutschen Filmpreis sechs Preise, darunter die Auszeichnung als bester Regisseur, Beste Schauspielerin für Laia Costa (Victoria) und Bester Schauspieler für Frederick Lau (Sonne). In einer Zeit, in der die größten Regisseure um den berühmtesten Schauspieler kämpfen und in Hollywoods größten Studios drehen, macht Sebastian Schipper mit der Kamera auf der Schulter Berlin zu seinem Spielplatz. Er geht weiter, lässt los und lässt seine Schauspieler die Dialoge improvisieren. Er will die Wahrheit begreifen, die Handlung und die Reaktion begreifen. Er kümmert sich nicht um Kostüme oder Make-up Artists. Nur das echte Leben. Was für ein Schlag!

Wenn du Victoria schaust, wirst du der Sechste der Gruppe. Wir kommen auch nicht unversehrt davon. Wir wollen jede Minute dieser Nacht festhalten und im gleichen Tempo wie sie leben. Als Victoria anfängt, Klavier zu spielen, möchte man plötzlich alles über sie wissen. Ihre Unschuld ist weg. Wir sind von ihrer Wut überwältigt. Sie ist unkenntlich. Sie ist besessen und es ist schwer, sie aufzuhalten. Wir sind unterjocht, wie Sonne.

Im Rhythmus von Mephistos Walzer, dem von Victoria gespielten Stück, beginnt dieser Schlummertrunk wie eine Schatzsuche, ein improvisierter Spaziergang durch Berlin. Wir sind auf der Suche nach Abenteuer und wollen Spaß haben. Dieses Gefühl wird durch die Plansequenz ohne Schnitte vervierfacht, die uns dem Standpunkt Victorias näher bringt. Wir sind kurzatmig und eingeschüchtert von unseren berliner Protagonisten, während wir um Victoria Angst haben, denn sie spricht nur Englisch und versteht nicht, was ihre neuen Freunde alles sagen. Vor diesem jungen Berliner, den wir erst seit 15 Minuten kennen, von dem wir aber unwiderstehlich angezogen werden, steigt das Adrenalin und unsere Sinne werden geweckt. Wie eine Fliege im Licht. Und als Victoria der Sonne zu nahe kommt, verbrennt sie sich die Flügel. Weil die Noten schneller werden. Die Musik wird dramatischer und verstörender. Wir fallen zu schnell und ohne es zu merken.

Wieder verstehen wir die Argumente nicht, wir verstehen nicht, was dieser Riese mit blondem Aschehaar auf dem Parkplatz schreit. Aber wir verstehen, wenn sie die Hauben aufsetzen. Wir verstehen, wenn eine Verfolgungsjagd gleich nach dem Auspacken wieder anfängt. Es ist sechs Uhr morgens, wir sind in Berlin, und im Chaos. Dieser Film ist wie ein Orgasmus, den wir nicht kommen sehen. Eine Reihe von unwahrscheinlichen Situationen. Wir sind aufgeregt, ängstlich, am Boden zerstört, erleichtert und schließlich fassungslos. Seltsamerweise atmet dieser Film Leben. Es macht uns Lust, eine Pilgerfahrt zu den Drehorten zu beginnen. In dieses Hotel zu gehen, ein Bier zu stehlen, vielleicht sogar im Café nachzusehen, ob Victoria wieder im Dienst ist.

Weitere Informationen zum Film: Regie, Besetzung und Auszeichnungen

Regisseur
- Sebastian Schipper

Schauspieler
- Victoria: Laia Costa
- Läuten: Frederick Lau
- Boxer: Franz Rogowski
- Aufregung: Max Mauff
- Blinker: Burak Yigit Yigit
- Der blonde Riese: André Hennicke

Preise und Auszeichnungen Der Film gewann den silbernen Bär für eine herausragende künstlerische Leistung: Sturla Brandth Grøvlen für die Kamera bei der Berlinale 2015.

6 Auszeichnungen bei der Verleihung des 65. Deutschen Filmpreises 2015:
- Beste Regie für Sebastian Schipper
- Beste Schauspielerin für Laia Costa
- Bester Schauspieler für Frederick Lau
- Bestes Foto für Sturla Brandth Grøvlen
- Beste Musik für Nils Frahm

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Laura Darmon

Laura Darmon

Autorin

Laura hat eine Leidenschaft für die Literatur und schreibt regelmäßig für Berlin Poche. Sie arbeitet als Juristin in einem Verlag.